Mittwoch, 17. November 2010

Kommunikation und Identitätsarbeit in Hauskreisen


Vor kurzem lud die evangelische Kirchengemeinde Wannweil zu einem Diskussionsabend zum Thema "Hauskreise" ein. Pfarrer Eberhard Gläser (geb. 1953, in Wannweil seit 2003) hatte Dr. phil. Richard Reininghaus eingeladen, der im Jahre 2009 eine Dissertation zum Thema "Die hausgemachte Religion" im Ludwig Uhland Institut (abgekürzt LUI) für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen publiziert hatte.

Zunächst machte Pfarrer Gläser eine Bestandsaufnahme. Er kam auf 8 in Wannweil bestehende Hauskreise. In der Zuhörerschaft waren Vertreter von fast allen Hauskreisen anwesend. Die Zielsetzungen der Hauskreise ändern sich mit dem zunehmenden Alter der TeilnehmerInnen. Es gibt einen Jugendhauskreis. Ferner einen Hauskreis mit jungen Familien, die auch aus Pfullingen und andern Nachbarorten stammen. Hier spielt Kinderbetreung eine Rolle Ein anderer Hauskreis wurde von Dr. med. Mathes gegründet, der bis Juli 2010 fast 28 Jahre als Allgemeinarzt in Wannweil tätig war. Ein anderer Hauskreis konstituierte sich, nachdem Pfarrer Siegfried Schanz (geb. 1952, Dienstzeit in Wannweil 1990 bis 2003) Bibelkurse gegeben hatte. Dort bringen sich Andreas und Ruth Speer ein, die seit 1982 bis im Sommer 2010 eine Bäckerei in der Dorfstraße 27 betrieben haben. Die einen Hauskreise sind für Neuzugänge offen, andere, die schon über 30 Jahre bestehen, wollen lieber unter sich bleiben.

Danach erläuterte der Referent Dr. Richard Reininghaus, wie er überhaupt auf das Thema "Hauskreise" gekommen sei. Nach Pensionierung als Dekan von Heidenheim wählte er Onstmettingen, die Heimat seiner Frau, als Altersruhesitz. Dr. Reininghaus fuhr jahrelang in das sehr romantisch gelegene LUI in Tübingen, um Volkskunde zu studieren. Reininghaus unterzog sich auch der studentischen Prüfungen. Eine Dissertation zum Thema "Hauskreise" wurde dann von Institutsleiter Prof. Dr. Reinhard Johler angenommen und von seinen Mitarbeitern betreut. Die Professoren Hermann Bausinger und Utz Jeggle (1941 bis 2009) unterstützten mit wertvollen Hinweisen. Dr. phil Reininghaus meinte, daß die Hauskreise funktionieren, ohne das eine Organisation dahintersteht. Bei manchen Hauskreisen gibt es dominante Persönlichkeiten, die alle anfallenden Arbeiten machen, bei anderen werden die Aufgaben verteilt. Dr. Reininghaus nahm an zwei Hauskreisen teil, die er zu Objekten seiner teilnehmenden Beobachtung machte. Selbstverständlich hat er einen Fragebogen "Der Hauskreis und ich "für Hauskreise entwickelt und Auswertungen vorgenommen.

Mit der "hausgemachten Religion" wird ein relativ junges Kulturmuster popularer protestantischer Frömmigkeit vorgestellt. Die Studie befasst sich mit Hauskreisen, in denen, gegenläufig zu einem allgemeinen Bedeutungsverlust kirchlicher Aktivitäten und zunehmender Individualisierung, eine neue Form religionsbezogener Gruppenbildung praktiziert wird. In der Besprechung tradierter Texte verständigen sich die Beteiligten über ihren gemeinsamen Glauben . Die Praxis dieser "Religion als Kommunikation " wird in der vorliegenden Arbeit mit ethnographischen Methoden dargestellt und interpretiert". (Klappentext ).

"Die hausgemachte Religion. Kommunikation und Identitätsarbeit in Hauskreisen. Eine Untersuchung zu religiösen Kleingruppen in Württemberg und etablierter Kirche am Ort", Dr. R. Reininghaus, Tübingen 2009, Tübinger Vereinigung für Volkskunde eV.


Botho Walldorf

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