Der Mühlkanal bei der oberen Mühle wird endgültig aufgefüllt. Er hatte seit den 1830er Jahren seine Aufgabe erfüllt. Die langjährige Gemeindehelferin Martha Henes vermindert 1970 ihren Dienstauftrag, um ihre betagten Eltern pflegen zu können. Sie hat jahrzehntelang Kindergottesdienst gehalten.
Im September 1970 gründet Frau Waltraud Lumpp, die seit 1968 im Gemeinderat tätig ist, einen Freundeskreis "Fröhliches Alter". Wenige Monate später sollte Frau Lumpp die Rundfunkjournalistin Rosemarie Eick einladen, welche Rundfunksendungen für die ältere Generation machte. Im Albverein werden geehrt: Willi Rilling für 50-jährige Mitgliedschaft, Schreinermeister Eugen Ott (1909 bis 1975) und Paul Reichert für 40 jährige Mitgliedschaft. Dabei wird auch das "Wannweiler Heimatlied" gesungen, welches 2010 nicht mehr im kollektiven Gedächtnis der Wannweiler ist. Die ev. Kirchengemeinde veranstaltet ein Woche der Besinnung. Zu den angesprochenen Themen gehören: Wer kümmert sich um die Wohnungen der Gastarbeiter oder die Leiden im Vietnamkrieg.
1970 wird auch die Kreisreform andiskutiert, die 1975 Realität wird. Wannweil fühlt sich nach Reutlingen zugehörig. So war das ja schon in der Zeit des Reutlinger Spitals ab 1350 und in der französischen Besatzungszeit ab April 1945 bis 1949. Der Wannweiler Gemeinderat strebt eine Verwaltungsgemeinschaft mit Kirchentellinsfurt an. Nach weniger schönen lokalpatriotischen Auseinandersetzungen wird das ab 1975 jedoch nicht weiter verfolgt. Die Jägerstraße soll verlängert werden. Im Volk wird das als "Arbeitsdienstweg" bezeichnet, was heute längst vergessen ist. Bürgermeister Zanzinger hatte schon 1932 den "Freiweiligen Arbeitsdienst mit der Anlage dieses Weges beauftragt und fotografisch dokumentiert. Die Umstellung auf Erdgas ist vollendet. Die 8 Tage währende Evangelisation der ev. Kirchengemeinde wird als Erfolg gewertet. Kritische Stimmen sind davon weniger überzeugt. Es waren aber jeden Abend über 300 Menschen da. Als Bariton tritt Hajo Mann (1940 bis 2004) auf.
Der homöopathische Verein hat 43 Mitglieder. Schreinermeister Karl Ott (1901 bis 1987) zeigt Farbdias vom Vereinsausflug ins Kloster Lorch. und vom Echazausbau. Diese Farbdias sollte sein Neffe Walter Ott 2007 beim "Bildertanz" in digitalisierter Form erneut der erstaunten Wannweiler Öffentlichkeit zeigen. Bis 1972 soll auch die Müllabfuhr "pro Eimer" erhöht werden. Der Musikverein erhält neue Uniformen im Wert von 3000.- DM. Wegen der Fülle der gemeindlichen Aufgaben wird ab 1971 eine Einwohnersteuer erhoben, wie das einige Nachbargemeinden auch schon tun. Argumentiert wird, daß die Lasten alle Bürger mittragen sollen, nicht nur Grundstücksbesitzer, Industrie, Handel und Gewerbe. Die Einwohnersteuer und die Feuerwehrabgabe wurde um 1995 aus Gründen der Gleichbehandlung wieder abgeschafft. Dafür wurde die Grundsteuer erhöht.
Im Jahre 1970 werden 47 Geburten, 28 Hochzeiten und 39 Sterbefälle verzeichnet. Die Einwohnerzahl beträgt 4556, davon 395 Ausländer. Außer in der Statistik werden die Ausländer kaum berücksichtigt, auf keinen Fall als gesellschaftliches Problem. In älteren, nicht modernisierten Häusern finden die Ausländern den billigen, von ihnen gewünschten Wohnraum. Es werden 20 Neubauten und 23 Umbauten genehmigt.
Botho Walldorf
3 Kommentare:
Interessant war fuer mich zu lesen, dass Wannweil vor 40 Jahren zu Reutlingen zugehoerig sein wollte.
Wie ist das eigentlich heutzutage? Ist man eher stolz eigenstaendige Gemeinde zu sein oder wuerde man doch lieber zu Reutlingen gehoeren?
Botho Walldorf meint mit den Sätzen
"1970 wird auch die Kreisreform andiskutiert, die 1975 Realität wird. Wannweil fühlt sich nach Reutlingen zugehörig",
dass sich die Gemeinde Wannweil, was die LANDKREISE Reutlingen oder Tübingen angeht, 1970 zum Landkreis Reutlingen zugehörig fühlte. Dies ist auch heute noch so, so besuchen z.B. die meisten der Wannweiler Schüler die weiterführenden Schulen in Reutlingen. Walldorf meinte nicht damit, dass sich Wannweil 1970 zur STADT RT zugehörig fühlte. Damals wollte die Gemeinde selbstständig bleiben. Heute sind wir froh, dass der Zusammenschluss mit K´furt nicht zustande kam. Mehr dazu erfahren Sie in diesem Video, in dem Altbürgermeister Rüdiger Scherret über die Gemeindereform 1972 spricht:
http://rv-bildertanz.blogspot.com/2008/10/wie-wannweil-gerettet-wurde.html
Danke an Herrn Steinmaier fuer den Link zum Video! Somit erschlossen sich nun auch mir als Neubuerger Wannweils die bedeutsamen Geschehnisse rund um die Kreisreform mehr, hinsichtlich ihrer damaligen Brisanz.
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