Samstag, 15. Oktober 2011
150 Jahre Bahnanschluß Wannweil-Kirchentellinsfurt: Vortrag von Peter Maier am Tage des Jubiläums am 12. Oktober 2011
Foto von Walter Ott, Wannweil
Im Rittersaal, der guten Stube von Kirchentellinsfurt, ließ Peter Maier noch einmal die Geschichte der Eisenbahn Revue passieren, die auch eine Geschichte der Eisenbahn in der Nachbargemeinde Wannweil ist. Am Freitag, den 14. Oktober 2011 erschien im Reutlinger Generalanzeiger ein längerer Bericht. Dieser Blog soll der Ergänzung dienen.
Weil der Kirchentellinsfurter Bahnhof ja bis 1936 auf Wannweiler Markung lag, haben sich vor allem im wohlgeordneten Wannweiler Gemeindearchiv Unterlagen aus der Zeit des Bahnbaus 1860-61 erhalten. Die Entscheidung von Bürgermeister Rüdiger Scherret (geb. 1938, Dienstzeit 1967-95) von 1969, das Gemeindearchiv ordnen zu lassen, zahlt sich insbesondere bei Jubiläumsanlässen immer wieder aus.
Zunächst musste den Landvermessern Zugang zu den bewirtschafteten Grundstücken verschafft werden. Mancher Bauer hat das nicht gern gesehen. Durch die große Anzahl der Bahnarbeiter beiderlei Geschlechts kamen die Bewohner der beiden Echazgemeinden erstmals mit einer größeren Menge von Fremden in Berührung. Das ist heute ein Ortsgeschichtsthema in allen Gemeinden mit Bahnanschluss.
Überraschend groß ist die Zahl der Bahnwärterhäuschen, deren Funktion man sich heute nicht mehr recht vorstellen kann. Auf Wannweiler Gemarkung sind 2011 noch etwa 4 Stück vorhanden. Sie gehören mit Baujahr 1861 mit zu den ältesten Profanbauten Wannweils. Die noch vorhandenen Bahnwärterhäuschen wurden inzwischen natürlich alle modernisiert.
Der Kirchentellinsfurter Christoph Ott hatte auch Beschäftigung beim Bahnbau gefunden. Er verunglückte 1876 bei einem Bahnbetriebsunfall. Bei seinem Urenkel Schreinermeister Walter Ott, Wannweil hat sich ein Familienbild erhalten. Mit Entstehungsjahr vor 1876 ist es eines der ältesten fotografischen Zeugnisse der Region, welches noch im Original in Familienbesitz Ott vorhanden ist. Mündlich wurde dieser schreckliche Tod als "oral history" jeder Generation weiter erzählt. Durch die Recherchen Peter Maiers konnten einige biografische Daten zum Leben des Christof Ott geklärt werden, z.B. das er Schmied war.
Maier thematisierte auch, das die Bahnbediensteten das Recht hatten, das Gras an den Bahndämmen zu mähen. Damit konnten sie ihre Ziegen, - die Kühe des Bahnwärters - füttern.
Insgesamt wurde bedauert, das zu wenig Fotos vom Alltagsbetrieb der beiden Bahnhöfe überhaupt aufgenommen wurden. Die Bahnhöfe waren und sind doch Orte, an denen man sich nur zwangsweise aufhielt. Keine Fotos von (mechanischen) Stellwerken, Signalen, Fahrdienstleitern oder Fahrkartenschaltern sind je gemacht worden. Alles war zu alltäglich. Man nimmt es erst wahr, wenn es nicht mehr vorhanden ist. Kolorierte Baupläne dieser Einrichtungen haben sich aber in den Gemeindearchiven beider Orte erhalten. Durch Zufall hat jemand eine Dampflokomotive der Baureihe 38 (preußisch P 8) rangierend auf Bahnhof Kirchentellinsfurt fotografiert. Die preußische P 8 war mit um 4000 Exemplaren eine der meist gebauten Dampflokomotiven Europas. Längst vergessen ist, das sie auf der Jubiläumsstrecke bis 1976 Alltagswirklichkeit war. Von rangierenden Dampfloks auf Bahnhof Wannweil gibt es keine Fotos. Jahrzehntelang war das (nicht mehr vorhandene) Ladegleis von Dampflokomotiven der Königlich Württembergischen Staatsbahnen (KWStE) bedient worden.
Noch in den 1980er Jahren boten der Kirchentellinsfurter und der Wannweiler Bahnhof eine Anzahl von Arbeitsplätzen für Betriebsbedienstete. Dazu gehörte auch der Vater des bekannten Fußballspielers Guido Buchwald. 2011 werden die Bahnhöfe ohne Personal, aber weiterhin auf der alten Trasse von 1861 betrieben. Wegen des zunehmenden Verkehrsinfarkts des System "Auto" hat die Eisenbahn auch in Zukunft in den Gemeinden am Unterlauf der Echaz gute Zukunftschancen, betonte der Vortragsredner Maier.
Botho Walldorf
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen