„Haus für Haus stirbt Dein
zuhaus“
so
könnte man es nennen, als am Samstagnachmittag, den 24. August 2013 zündelnde
Kinder sich selbst und die traufständige Scheuer in der Dorfstraße 14 in Gefahr
brachten.
Bereits
in der folgenden Woche wurde die das Erscheinungsbild der Dorfstraße mit
prägende Scheuer vom Bauunternehmen Stooß aus Gomadingen dem Erdboden gleich
gemacht. Wegen des nahen Kindergartens sollten von dem auf der Rückseite
verwahrlosten, in Gemeindebesitz befindlichen Gebäude keine Gefahr für Kinder
mehr ausgehen. Insbesondere die dem Verfall preisgegebenen Schöpfe auf der
Nordseite übten eine magische Anziehungskraft auf Kinder aus. Dort lag noch
viel herum, was an frühere alltägliche landwirtschaftliche Tätigkeiten
erinnerte: ein bemooster Holzpflug, enge Sausteigen, die man sich in der Zeit
der Massentierhaltung nicht mehr vorstellen kann, ein hölzerner Schubkarren,
der jetzt angesengt seiner Entsorgung harrt.
Der
vordere Teil der Scheuer Wurster wurde immer wieder instandgesetzt, um wenigstens
Abstellzwecken dienen zu können. Der Westgiebel wurde in den 1950ern teilweise
neu aufgebaut und verputzt, nachdem die mächtigen Fundamentbalken verfault
waren. An der Südseite wurden die Scheunentore instandgehalten und eine
Garage mit Kipptor eingebaut. Diese diente zuletzt der Traditions-Narrenzunft
„Burghau-Goischter“ als Aufbewahrungsort ihrer immer umfangreicher werdenden
Requisiten. Auch das Dach wurde teilweise „umgeschlagen“. Auf der Nordseite
hatten sich handgefertigte Dachplatten, sowie „Reigärtenwänd“ mit Holzfachwerk aus der Erbauungszeit (geschätzt um
1700) der Scheuer erhalten. Die Nord- und Ostseite der Scheuer blieben von
Erneuerungsmaßnahmen weitgehend ausgespart. So bot die Scheuer von hinten
bis zum Ende im August 2013 einen unverfälschten Eindruck einer
Dorfansicht, wie der berühmte Maler Albrecht Dürer um 1520 zufällig ein Dorf
gemalt hatte. Erinnert sei an das Flößerzeichen an einem Balken des Ostgiebels.
Der
Werdegang solcher Gebäude wiederholt sich immer wieder. Der leicht zugängliche Südteil wurde weiterhin instandgesetzt und überwacht,
um Abstellzwecken zu dienen. Der schlecht zugängliche Nordtteil blieb sich
selbst überlassen, die alten Gerätschaften verrotteten. Nur der Verfasser
dieses Beitrags B. Walldorf nahm sich im März 2011 mal die Zeit, eine
Foto-Dokumentation anzufertigen. Darüber sind wir nach dem gewaltsamen Ende der
Scheuer Dorfstraße 14 froh, damit überhaupt noch etwas an das für die
Geschichte Wannweils bedeutende Bauwerk erinnert.
Natürlich
ist die am Samstag, den 24. August 2013 abgebrannte Scheuer Dorfstraße 14 im
Lagerbuch von 1711 als Bestandteil einer
der 15 Lehenshöfe genannt: Neunter Hof: 17 Mannsmahd Wiesen und 37 Jauchert
Äcker, also rund 50 Morgen(Jakob Mayers Erben) .
Die
Hofstätten waren die ursprünglichen Siedlungsplätze der heimischen besitzenden
Einwohnerschaft. (Zitat: Mayer, 1960, Seite 120)
Der
Abgang eines historischen Gebäudes ist auch für Wannweil immer ein Verlust. Nun
ist eine weitere, unscheinbare Scheuer gewaltsam abgegangen. „Haus für Haus
stirbt dein zuhaus“ war schon ein Slogan in den 1970er Jahren. Eingerahmt war
die Scheuer des Hauses Wurster westlich vom legendären Trippelhaus Mayer, wo
die Wannweiler schon 1972 vorgeschlagen hatten, ein „Heimatmuseum“
einzurichten. Dahinter befand sich eine weitere Fachwerkscheuer, von welcher
derzeit keine Fotos bekannt sind. Niemand hat das alte Glump auch noch
fotografiert. Seit 1973 werden diese Flächen als Parkplatz bzw.
Kinderspielplatz genutzt. An das weiter
östlich ebenfalls in der Dorfstraße stehende ehemalige Schul- und Rathaus sei
erinnert. Bildlich ist dieses in den Aquarellen von Gerhard Braun (geb. um
1922), überliefert.
Natürlich
war die Scheuer Wurster ein Wannweil-typisches Kulturdenkmal.
Kulturdenkmale
sind nicht primär aufgrund ihres ästhetischen Wertes von Bedeutung, sondern als
Zeugnisse der Ortsgeschichte, als materielle Überlieferung, die uns Aufschluss
über das Leben und Wirken der in der Vergangenheit vermittelt. Es gibt nicht
nur eine auf die „Glanzzeiten“ reduzierte Geschichte.
In
diesem Sinne sind alle Geschichtszeugnisse problematisch, die nicht unseren
heutigen Wertvorstellungen entsprechen. Dem Erben eines Bauernhofs, der selbst
noch die schwere Arbeit, vielleicht sogar noch den täglichen Kampf seiner
Eltern ums Überleben erlebt hat, und sich freut, heute ein anderes Leben führen
zu können, sieht in einer Scheuer nicht zwingend ein erhaltenswertes Kulturgut.
Üben
Sie bitte Nachsicht, wenn manches Dargestellte nicht Ihrer Sicht entspricht
oder gar fehlerhaft erscheint!
Botho
Walldorf