Am Freitag, den 9.Dezember 2011 äußerten sich mehrere Wannweiler Zeitzeugen zum Thema "Weihnachten in schweren Zeiten" im Rahmen einer besinnlichen Stunde in der Gemeindebücherei. Überraschender weise brachte Frau Lotte Rein geb. Kern das Thema "Muna Haid" zur Sprache. Das ist derzeit ein Modethema von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Historikern. Bekanntlich wurde ab 1938 in einem abgelegenen Waldgebiet in der Nähe der aus dem 15. Jahrhundert stammenden "Haidkapelle" eine Munitions-Anstalt der Luftwaffe ("MUNA") unter strenger Geheimhaltung errichtet. Damit einher ging die Erweiterung des Bahnhofs Haidkapelle, der bisher nur über ein Ladegleis zur Holzverladung verfügte. Die Rangierarbeiten wurden von einer zweiachsigen Klein-Diesellok übernommen, die im April 1945 von den Franzosen sofort konfisziert wurde. Zum Transport der Munitionszüge hatte die Hohenzollerische Landesbahn die Dampflokomotive Betriebs-Nr. 15 im Jahre 1940 bei der Maschinenfabrik Esslingen beschafft. Diese leistungsstärkste Landesbahn-Dampflok wurde im April 1965 verschrottet.
Frau Lotte Rein geb. Kern, Jahrgang 1928 besuchte ab 1944 in Reutlingen die höhere Handelsschule. Bereits im Sommer 1944 wurde die ganze Klasse kriegsdienstverpflichtet zur Arbeit in der Muna Haid. Der ganzen Klasse und auch Mädchen aus anderen Gegenden wurden die Woche über Räume zur Übernachtung zugewiesen in der Nähe der Haidkapelle. Das Haus steht heute noch. Mit ihren Schicksalsgefährtinnen mußte sie für die Luftwaffe kleine Bomben zusammenbauen. Die schwereren Arbeiten wurden von Kriegsgefangenen aus Italien und Russland verrichtet. Diese bekamen ständig zu wenig zu essen. Der Vater von Frau Rein gelang es im Frühjahr 1945 seine Tochter von der gefährlichen und anstrengenden Arbeit in der Muna Haid frei zu bekommen. Sie konnte nach Fürsprache eine Bürotätigkeit in der nahe gelegenen Spinnerei Wannweil aufnehmen. Dort war zu jenem Zeitpunkt eine Filiale der Firma Daimler verlagert. So hat Zeitzeugin Lotte Rein nur wenige Monate die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Muna Haid mitmachen müssen. Lebenslang eingeprägt im Gedächtnis hat sich das. Auch junge Mädchen der 1920 er Jahrgänge aus dem Laucherttal waren in der Muna Haid dienstverpflichtet. Sie fuhren mit den dampflokbespannten Personenzügen der Hohenzollerischen Landesbahn an ihre im Wald getarnte Arbeitsstätte. Diese Frauen haben von denselben Arbeitsbedingungen gesprochen, wie sie Frau Rein geschildert hat. iehe auch den Bericht von Till Börner im Reutlinger Generalanzeiger vom Dienstag , den 13. Dezember 2011 zu den Erzählungen von vier Zeitzeugen aus Wannweil.
Botho Walldorf
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