Sonntag, 17. April 2011

Großer Bahnhof für Botho in Gammertingen - dessen Ausstellung ist nun in Gammertingen zu sehen

Im GEA vom 16.04.2011 lesen wir folgendes:

Ausstellung - Botho Walldorf zeigt »Bilder vom Alltag« an der Strecke der Hohenzollerischen Landesbahn
Von Menschen und Technik
VON HILDE BUTSCHER


GAMMERTINGEN. Fotografie und Eisenbahn sind wohl die wichtigsten Errungenschaften des 19. Jahrhunderts. Beide verringern sie Distanzen, machen die Welt kleiner und überschaubarer. Die Geschichte von Fotografie und Eisenbahn ist eng miteinander verflochten. Botho Walldorf hat das schon als Schüler erkannt, hat mit seinem ersten Fotoapparat in den sechziger Jahren begonnen, den »Alltag an der Strecke« der Hohenzollerischen Landesbahn auf Zelluloid zu bannen. In 45 Jahren hat er 100 000 Fotos rund um die HzL geschossen und viele Fotos aus Privatschatullen zusammengetragen. Eine Auswahl davon ist jetzt im Alten Oberamt in Gammertingen zu sehen.

»950 Jahre Hohenzollern« - und Hohenzollern feiert. Die Gammertinger feiern natürlich mit. Deshalb hat sich der ehrenamtliche Gammertinger Arbeitskreis für das Museum im Alten Oberamt zusammen mit dem in Wannweil lebenden Hobbyhistoriker Botho Walldorf etwas Besonderes einfallen lassen: Die Fotoausstellung, bestehend aus Momentaufnahmen in Großformat oder in kleinen Schnappschüssen, mit Menschen und Maschinen. Sie zeigt eine Facette Hohenzollerns im vergangenen Jahrhundert.

»Aus dem ursprünglichen Knipser« sei im Laufe der Jahre »ein Dokumentator des Lebens und Alltags der Menschen in der Region geworden«, sagte Bürgermeister Holger Jerg über Botho Walldorf. Ihm sei es gelungen, »das Leben an einer Eisenbahnstrecke, die die Region verändert« habe, festzuhalten. Der Tübinger Medienwissenschaftler Dr. Ulrich Hägele, der in das Schaffen Walldorfs und in die Ausstellung einführte, lobte den Fotografen als Vermittler von Authentizität. Mit seinen Fotografien liefere Walldorf eine »so ausführliche Sammlung, wie sie im süddeutschen Raum ihres gleichen suche.

Bereits als Schüler sei Walldorf von einem Lehrer, der erkannt habe, dass die dörfliche Welt so nicht mehr lange existieren werde, dazu animiert worden, durch Gammertingens Winkel zu streifen und seine Eindrücke festzuhalten. Schon früh sei auch die Leidenschaft für die Eisenbahn geweckt worden, »sie lag ja direkt vor der Haustür«. Der Besuch im Lokausbesserungswerk sei ein Schlüsselerlebnis gewesen. »Ihm wurde klar, dass diese archaische Maschinenwelt bald nicht mehr sein würde«.

Bei der täglichen Fahrt von Gammertingen nach Hechingen sei dem Pennäler aufgegangen, dass »der Zug in die Landschaft« gestellt werden müsse, dass »das Drumherum« wichtig sei. So zeigen Walldorfs Fotos zum Beispiel, wie mühevoll Schienen verlegt wurden. Vergangenheit und Gegenwart verschmolzen. Und irgendwann wollte sich der sich stets weiterentwickelnde Walldorf nicht mehr nur mit der Rolle des Dokumentators zufriedengeben. Er fotografierte die Menschen nicht mehr nur, sondern begann, ihre Geschichte aufzuschreiben.

»Diese Verifikation des Kontextes ist unabdingbar. Denn ohne Bezug verliert die Fotografie ihren Wert«, so der Wissenschaftler. »Walldorf recherchierte Geschichte, die ohne ihn heute längst verloren wäre« und habe einen »methodischen Mix zwischen fotografischer Aufnahme, Foto-Interview und überlieferter Historie« entwickelt, bei dem »Geschichte und Geschichten aus der Vergangenheit freigeschält« worden seien.

Seit 2007 fotografiert Walldorf nicht mehr. Seine Bilder werden inzwischen im Hauptstaatsarchiv Sigmaringen archiviert.

Die Ausstellung ist bis 15. Mai sonntags von 14 bis 17 Uhr kostenfrei im Museum im »Alten Oberamt« in der Gammertinger Hohenzollernstraße zu sehen. Gruppen- und Sonderführungen sind nach Voranmeldung auch zu anderen Zeiten möglich. (GEA)



Anheizen von Dampflok Nr. 15 (erbaut 1940 verschrottet 1965) im Mai 1964 zur letzten Fahrt durch Oberheizer Fabian Eisele (1910 bis 1973) aus Gauselfingen in der Bahnbetriebswerkstätte Gammertingen.

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